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Interview

Agentur Incognito: Ein Markenexperte als Betreiber einer florierenden Detektei

Rückblickend ist sich Marcello Doering sicher, dass sein geschäftlicher Werdegang ein Zufall gewesen sein muss. Als Spezialist für den Aufbau von Handelsmarken war lange Zeit nicht absehbar, dass sein weiterer Weg von unkonventionellen Entscheidungen, klarem Instinkt und einem scharfen Blick für Zusammenhänge geprägt sein würde.

Was entsteht, wenn aus dem Fokus auf innovative Markenlösungen echte Aufklärungsarbeit wird? Wenn statt der Entwicklung von Kampagnen haarfeine Nachforschungen die Tagesordnung ausmachen? Wenn Technologie und Intuition das Tun dominieren?

Im Gespräch mit Marcello Doering zeigt sich eine Haltung, die von klarem Denken, unternehmerischem Mut und einem tiefen Gespür für Situationen, in denen es auf jedes Detail ankommt, bestimmt ist. Sein Weg eröffnet neue Blickwinkel und lässt manches in einem anderen Licht erscheinen.

Marcello Doering im Interview

Hallo Marcello, herzlich willkommen bei Unternehmer Deutschlands! Kannst du dich und dein Unternehmen zu Beginn bitte kurz vorstellen?

Natürlich, sehr gerne. Mein Name ist Marcello Doering. Ich habe bereits mit 18 Jahren mein erstes eigenes Unternehmen gegründet und mir seit dieser Zeit eine ganze Reihe fachlicher und kaufmännischer Kompetenzen autodidaktisch angeeignet. Eigentlich komme ich aus der Kreativbranche, wo ich Logos entworfen, Marken aufgebaut und digitale Strategien für Firmen entwickelt habe. Seit 14 Jahren unterhalte ich eine Agentur, in der sich alles rund um Markenaufbau dreht.

Der damalige Start war ein Auftrag zur Gestaltung eines Logos, einer Fensterbeschriftung und einer Speisekarte für eine Dönerbude. Als Vergütung erhielt ich freie Verköstigung über ein Jahr hinweg – heute kaum mehr denkbar. Daraus entwickelten sich sukzessive immer neuerliche, zunächst noch kleine Kundenprojekte. Mit der Zeit kamen dann wirklich große Aufträge hinzu, wie etwa für Marken wie Henkel, ZDF, eBay oder Coca-Cola.

Eine meiner intensivsten und längsten Kundenbeziehungen hatte ich mit einer Detektei. Angefangen vom Corporate Design über die Website bis zur Markenpositionierung habe ich quasi alles umgesetzt, was erforderlich war. Offenkundig wurde mir dabei, dass es hier nicht allein um die Außendarstellung ging, sondern um ein tiefes Verständnis für eine sehr spezielle Branche und die mit ihr verbundenen komplexen Aufgaben. Als der Gründer des Detektivbüros überraschend verstarb, sah ich mich vor der Wahl, den Betrieb weiterhin extern zu begleiten oder das Unternehmen in eine neue Zukunft zu führen. Ich habe mich dann spontan entschieden, selbst Verantwortung zu übernehmen. Seit Oktober 2024 leite ich daher zusätzlich die Agentur Incognito als operative Detektei mit der klaren Maxime, technologische Präzision mit menschlicher Intuition zu verbinden.

Das klingt nach einer kompletten Wendung deines seinerzeitigen beruflichen Schwerpunktes. Wie kam es dazu, dass du den Schritt tatsächlich gegangen bist?

Offengestanden war es eine emotionale Entscheidung. Ich stand halt viele Jahre hinweg eng an der Seite der Detektei und hatte profunde Einblicke in Abläufe, Menschen und interne Dynamiken. Mit der Übernahmemöglichkeit war es für mich fast schon der nächste logische Schritt. Allerdings ging es mir nicht nur darum, den Status quo des Büros aufrechtzuerhalten. Vielmehr stand auf dem Plan, ein leistungsfähiges und modernes Unternehmen aufzubauen, das technologische Präzision mit echtem Gespür für Menschen vereint.

Ausgesprochen mutig, immerhin kamst du nicht wirklich vom Fach, trotz deiner Einblicke. Wie hast du denn deinen persönlichen Start in die Welt der Detektive erlebt?

Es war sicherlich eine Herausforderung, jedoch keine Überforderung. Ich wusste um die Verantwortung und bin diese mit Respekt und klarem Blick angegangen. Vor allem habe ich mir ganz bewusst sofort Verstärkung geholt, unter anderem einen erfahrenen Chef-Ermittler, der fachlich überaus versiert ist. Parallel dazu haben wir ein Netzwerk aus Freelancern, IT-Forensikern, Analysten und operativen Spezialisten aus der Taufe gehoben. Es basiert auf einem agilen Modell, welches flexibel, effizient und stets der Situation angepasst ist.

Mein wesentlicher Vorteil besteht darin, dass ich durch meinen kreativen Background komplexe Zusammenhänge oft schnell erfassen und ungewöhnliche Muster erkennen kann. Besonders bei der Auswertung von Spuren, digitalen Datenströmen und psychologischen Verhaltensweisen ist das von großem Wert.

Interessant, du bringst also Elemente aus der Kreativwelt in einen komplett neuen Kontext ein. Wie zeigt sich das konkret in deiner Arbeit?

Ja, genau. Unsere Arbeit ist von Kreativität, Struktur und Technik geprägt. Wir haben beispielsweise eine eigene KI entwickelt, die gestohlene Fahrzeuge auf Verkaufsplattformen erkennt – anhand kleinster visueller Merkmale, Bildausschnitte und Metadaten. In einem konkreten Fall konnten wir auf diese Weise ein Fahrzeug sicherstellen, welches aus einer internationalen Diebstahlserie stammte.

Weiterhin verfügen wir über unsere eigene Tracker-Technologie. Die Geräte sind so konstruiert, dass sie weder durch handelsübliche Jammer noch durch moderne Wanzendetektoren aufzufinden sind. Eingesetzt haben wir sie etwa bei einem Fall eines Logistikunternehmens, das kontinuierlich Verluste in seiner Lieferkette verzeichnete. Unsere Tracker ermöglichten es, die Warenströme lückenlos zu dokumentieren und die internen Täter zu identifizieren.

Das hört sich nach sehr modernen Ansätzen an. Welche Fälle bearbeitet ihr üblicherweise?

Wir verstehen uns sowohl als Privat- als auch als Wirtschaftsermittler. Im privaten Bereich geht es oft um sensible Themen wie Untreue, Stalking oder Sorgerechtskonflikte. Besonders in Erinnerung ist mir ein Fall, bei dem ein Elternteil das gemeinsame Kind über 3 Jahre im Ausland versteckt hielt, obwohl hinsichtlich des Aufenthaltes eine klare gerichtliche Regelung bestand. In enger Abstimmung mit internationalen Behörden konnten wir das Kind aufspüren und die Rückführung begleiten. Dabei war nicht nur kriminalistisches Gespür gefragt, sondern auch Feinfühligkeit für andere Kulturen sowie diplomatisches Geschick im Umgang mit den Gegebenheiten vor Ort.

In einer anderen Sache ging es darum, psychische Gewalt im familiären Kontext systematisch zu dokumentieren. Die betroffene Mutter konnte dank unserer Beweissicherung vor Gericht unmissverständliche Rahmenbedingungen schaffen und sich rechtlich absichern. Diese Momente zeigen, wie wichtig unsere Arbeit für individuelle Schicksale sein kann und wie viel Verantwortung damit verbunden ist.

Im wirtschaftlichen Bereich hingegen dreht sich vieles um Betrugsdelikte, etwa die Unterschlagung von Leasingobjekten, Diebstahl durch Mitarbeiter oder Krankschreibungsbetrug. In einem Fall haben wir umfassende Abhörtechnik in einem Konferenzraum aufgedeckt, die auf eine gezielte Wirtschaftsspionage hindeutete. Anlässlich eines anderen Auftrags konnte unser Team den systematischen Abfluss sensibler Daten durch einen Mitbewerber nachweisen, einschließlich verschlüsselter Kommunikation, Schattenkanälen und dem gezielten Transfer interner Dokumente über private Netzwerke.

Derartige Ermittlungstätigkeiten erfordern höchste Präzision, technisches Fachwissen und ein tiefes Verständnis für operative Sicherheit. Vertrauen in unsere Arbeit ist hier immer eine zentrale Voraussetzung, anders kann sie kaum Früchte tragen.

Die Verantwortung in diesem Bereich scheint enorm. Wie gehst du mit der entsprechenden psychischen Belastung um?

Ja, die Verantwortung ist groß, aber auch äußerst sinnstiftend. Insbesondere bei Angelegenheiten, in die Kinder involviert sind oder es um emotionale Abhängigkeiten geht, wird hohe psychische Stabilität benötigt. Unsere Aufgabe besteht dabei sowohl in der Klärung von Sachverhalten als auch darin, den Betroffenen Orientierung zu geben und gemeinsam mit Dritten Wege der Aufarbeitung zu entwickeln. Dabei handeln wir professionell, empathisch und diskret.

Im Vordergrund steht dabei immer das Sicherheitsgefühl der Betroffenen. Ziel ist es, rechtliche Schritte einzuleiten, Schutzmaßnahmen umzusetzen und gleichzeitig das Vertrauen der Betroffenen in ihre eigene Handlungsfähigkeit zu stärken.

Natürlich hinterlässt unser Engagement auch bei uns Spuren, es macht aber auch dankbar. Ich habe gelernt, mich selbst gut zu kennen und regelmäßig zu reflektieren. Unsere Teams kooperieren eng, offen und mit klarem Austausch. Für mich gehören fachliche Begleitung und regelmäßiges Hinterfragen genauso dazu wie bewusst gesetzte Pausen. Elementar wichtig ist halt die Balance, eigentlich unverzichtbar.

Du hast vorhin den technischen Part eurer Arbeit angesprochen. Wie wichtig ist Technologie bei eurer täglichen Arbeit?

Technologie ist für uns ein Verstärker, kein Ersatz. Unsere Tools – von KI-gestützter Bilderkennung bis hin zu forensischer Software – geben uns die Möglichkeit, schneller, gezielter und sicherer zu agieren. Etwa bei der Analyse von Chatverläufen im Zuge von Grooming-Verdacht, bei der Nachverfolgung digitaler Transaktionen oder der Lokalisierung von Kommunikationsmustern.

Jedoch ist Technologie nie losgelöst. Ohne menschliches Gespür für Nuancen, für psychologische Kontexte oder für Intentionen geht nichts. Zwar arbeiten wir datenbasiert, aber mit Feingefühl. Genau dieser Mix schafft aus reinen Informationen echte Erkenntnisse und sorgt dafür, dass wir vorausschauend tätig sein können.

Du gehst sehr offen mit eurem Know-how um und gibst es auch weiter. Was sind die Gründe hierfür?

Ich bin davon überzeugt, dass echtes Wissen wächst, wenn man es teilt. Wir sind keine Einzelkämpfer. Aus diesem Grund bieten wir KI-Workshops für andere Detekteien an, praxisnah, individuell und lösungsorientiert. Insbesondere im technologischen Bereich sehen wir großen Nachholbedarf.

Vor diesem Hintergrund bauen wir derzeit ein starkes, unterstützendes Netzwerk auf, das den Austausch von Fachwissen fördert, moderne Werkzeuge bereitstellt und klare Qualitätsstandards etabliert. Ziel ist es, die Eigenständigkeit der beteiligten Detekteien zu bewahren und gleichzeitig eine professionelle, vertrauensvolle Zusammenarbeit zu ermöglichen. Ein kompetenter Ermittlungsverbund, der gemeinsam mehr erreicht als jeder für sich allein.

Ein spannender Gedanke. Blickst du von diesem Netzwerk aus in die Zukunft, was sind die größten Herausforderungen und Chancen für die Branche?

Ich stelle mir eine Branche vor, die kollaborativ denkt und gleichzeitig hochspezialisiert agiert. Die Ermittlungsarbeit der Zukunft wird digital gestützt sein, dennoch fest im Menschlichen verwurzelt. Unser Netzwerk soll es ermöglichen, dass Detekteien jeder Größe auf gemeinsame Standards, verlässliche Instrumente und gebündeltes Fachwissen zugreifen können, ohne ihre Autonomie und Individualität zu verlieren. Im Mittelpunkt stehen dabei Qualität, technische Präzision, ethische Verantwortung und operative Klarheit. Sofern es gelingt, dass wir diese Ansprüche gemeinsam verfolgen, eröffnen sich neue Perspektiven für die gesamte Branche und vor allem für die Menschen, denen wir mit unserer Arbeit helfen.

Zum Abschluss dieses interessanten Interviews: Was rätst du unseren Lesern, sofern sie erwägen, die Unterstützung einer Detektei in Anspruch zu nehmen?

Aus unserer Erfahrung zeigt sich immer wieder, dass viele zu spät Hilfe suchen. Meist liegt das weniger an Nachlässigkeit als an Unsicherheit und innerem Druck. Wer merkt, dass etwas aus dem Gleichgewicht geraten könnte – sei es aufgrund interner Unstimmigkeiten oder externer Risiken – sollte frühzeitig aktiv werden. Je eher eingegriffen wird, desto mehr Optionen bieten sich. Klarheit schafft Orientierung, besonders in komplexen und unübersichtlichen Situationen.

Das Einbinden einer Detektei kann überdies helfen, selbst den Blick zu schärfen, eingefahrene Denkmuster zu durchbrechen oder Entscheidungen mit mehr Ruhe und Weitsicht zu treffen. Deshalb ist es wichtig, das Gespräch zu suchen, bevor sich Fronten verhärten oder Spielräume verloren gehen.

Marcello, vielen Dank für den anregenden Dialog.

Sehr gerne, ich danke euch ebenfalls.

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